Zur Einführung vgl. auch unsere Aufsätze in der AW-Prax, u. a. AW-Prax 3/2007, S. 115 ff, AW-Prax 11/2007, S. 456 ff und AW-Prax 12 /2008, 505 ff, AW-Prax 11/2009, S. 356 ff, AW-Prax Service Guide 2010, S. 29 ff, sowie: Export-Manager Ausgaben 1/2011, S. 16 f, 2/2011, S. 18 f, 4/2012, S. 19 f, 5/2012, S. 20 f, 7/2012, S. 16 ff und 4/2013, S. 19 ff.
Zur Vertiefung vgl. auch Böer Hrsg. / Groba / Hohmann, Praxis der US-Re-Exportkontrolle 2. Aufl. 2011 (vgl. Buchhinweis hier)
Das US-Exportrecht ist deswegen so wichtig für Sie, weil es das einzige nationale Exportrecht ist, welches explizit extra-territorial konzipiert ist und welches außerdem höhere Sanktionen als das deutsche aufweist. Wenn Sie z.B. Güter „made in Germany“ von Deutschland nach Österreich exportieren („verbringen“), die gelistete US-Bestandteile mit einem Wertanteil von mindestens 25% enthalten, benötigen Sie hierfür eine US- Reexportgenehmigung des Commerce Department. Diese ist beim BIS (dem Bureau of International Trade and Security) in Washington DC zu beantragen! Wenn Sie hiergegen verstoßen – und sei es auch nur, weil Sie diese Regelung nicht kannten -, können Sie die harten US-Sanktionen treffen: Neben hohe Geldstrafen (ähnlich wie in Deutschland) sind zusätzlich möglich: Freiheitsstrafen bis zu 10 oder 20 Jahren und zusätzlich: Listung auf der DPL (Denied Persons List), was einen bis zu ca. 25 jährigen Entzug des Rechts bedeuten kann, Handel mit den USA zu treiben. Allein Letzteres kann ausreichen, um ein Unternehmen in das Insolvenzrisiko zu treiben.
Der Anknüpfungspunkt für die US-Jurisdiktion besteht beim US-Exportrecht v. a. in der Gebiets- oder Personalhoheit (Sie haben ein Unternehmen in den USA, oder Sie liefern vom US-Territorium bzw. in oder durch das US-Territorium, Sie halten sich in den USA auf, Sie sind eine „US-Person“) und beim US-Re-Exportrecht im Ursprung der USA (es geht um (1) Güter made in the USA, oder (2) Güter made in Germany, falls diese US Komponenten mit mehr als minimalen Wertanteil von 10% oder 25% enthalten oder (3) es sind direkte Produkte von US-Technologie oder direkte Erzeugnisse eines Know-how mit US-Genehmigung). Für das Eingreifen des US-Re-Exportrechts ist die de minimis – Berechnung sehr wichtig; bei Enkryptologiegütern müssen zusätzliche Anforderungen eingehalten werden. Nur sehr wenige Hightech-Produkte unter fallen immer den EAR (ohne Erreichen einer Geringfügigkeitsgrenze). Nur bei Rüstungsgütern nach ITAR gilt keinerlei Geringfügigkeitsgrenze (eine US-Re-Exportgenehmigung ist selbst dann erforderlich, wenn der Wert der US-Komponente unter 0,01% liegt!) – das ITAR-Regime ist daher das strikteste (vgl. aber unten zur Export Control Reform). Vor allem beim Re-Export deutscher Software mit US-Komponenten ist nach den EAR eine sehr sorgfältige de minimis- Berechnung erforderlich. Im Fall, dass die US-Bestandteile aus US Technologie bestehen, müssen Sie durch Einreichen eines One Time Report die Richtigkeit Ihrer de minimis – Kalkulation nachweisen; sonst begehen Sie einen Verstoß gegen US-Exportrecht.
Sofern es um den Export von Dual-Use Gütern geht, sind primär die EAR anzuwenden. Geht es hingegen um den Export von Waffen und Rüstungsmaterialien, dann sind primär die ITAR anzuwenden. Die EAR werden vom Commerce Department (vom BIS, Bureau of Industry and Security) und die ITAR vom State Department (vom DDTC, Directorate of Defense Trade Controls) verwaltet. Einige der neu (ab dem Jahr 2011) verabschiedeten Regelungen der ITAR sind allein in der ITAR Consolidated 2011 enthalten – daher werden diese zusätzlich abgedruckt (beide Texte sind geltendes Recht). Sofern es um die Anwendung von Embargos und Sanktionslisten geht, sind primär die OFAC – Regulations anzuwenden. Das OFAC (Office of Foreign Assets Controls) gehört zum Treasury Department. In der Praxis kommt es zu häufigen Kollisionen zwischen den Regelungen der EAR und der OFAC - Regulations; dann sollte Ihr Anwalt prüfen, welche der beiden Regelungen bei diesem Embargoprogramm Anwendungsvorrang hat.
Der Exportanwalt sollte klären, erstens ob Sie dem US- Exportrecht (vor allem als „US Person“ – oder zumindest mittelbar als sog. „faktische US Person“ – oder durch Lieferungen über das US-Territorium etc.) bzw. dem US-Re-Exportrecht unterfallen (v. a. durch mehr als minimale US-Materialien in Ihren Gütern), zweitens, welche Pflichten daraus folgern und welche Risiken bei Nichteinhaltung drohen und drittens, was im Fall eines möglichen Verstoßes zu unternehmen ist. Zu den Handlungspflichten gehören v. a. das Einholen von Genehmigungen, Melde- und Registrierpflichten, und im Zweifel auch der Aufbau eines Risikomanagements (z. B. eines Export Management Systems). Besonders strikte Regelungen gelten für Handel mit US-Embargoländern (OFAC Regulations) und für den Handel mit Rüstungsgütern (nach ITAR). Bei Rüstungsgütern darf z. B. ITAR-geschütztes Know-how nur dann an Ihre ausländischen Mitarbeiter weitergegeben werden, wenn deren Nationalität ebenfalls in das TAA (Technical Assistance Agreement) einbezogen wurde oder wenn der Arbeitgeber das Screening nach § 126.18 ITAR durchgeführt hat.
Die Export Control Reform (ECR) will erreichen, bald mit nur einzigen Ausfuhrliste (statt der jetzigen Listen von EAR und ITAR), einer einzigen Genehmigungsbehörde (statt der jetzigen drei), einem einzigen Informationstechnologiesystem und einem Koordinierungszentrum für die Verfolgung von Verstößen (E2C2, Export Enforcement Coordination Center) nach EAR, ITAR, OFAC Regulations auszukommen. Am 16. April 2013 wurden deshalb die Revisions to EAR/ITAR: Initial Implementation of the ECR veröffentlicht; diese oben abgedruckten Änderungen sollen zum 15. Oktober 2013 in Kraft treten. Die wichtigsten Änderungen sind die folgenden: Rüstungsgüter mit verminderter militärischer Relevanz (sog. neue Dual-Use Güter) werden von der USML (US Military List) der ITAR gestrichen und als neue „600 Serie“ in die CCL (Commerce Control List) der EAR eingefügt; für sie gilt eine de minimis-Grenze von 25% (nur für US-Waffenembargoländer gilt eine Grenze von 0%). Gleichzeitig wird klargestellt, für welche Güter das ITAR oder EAR Regime anwendbar ist (die Güterbeschreibungen auf der USML werden vor allem bzgl. der speziell hergestellten Komponenten länger, nur auf der CCL werden für spezielle Komponenten z. T. abstrakte Umschreibungen gebraucht). Es wird für die „neuen“ Dual-Use Güter ein Wahlrecht geben, ob die Genehmigungsanträge bei BIS oder DDTC gestellt werden. Einige US Allgemeingenehmigungen (sog. General Licenses) werden angepasst, um jetzt Anforderungen nach EAR und nach ITAR gleichermaßen zu entsprechen. Es gibt einige neue Berichtspflichten, es gibt neue Definitionen (u. a. „specially designed“ in § 772.1 EAR), etc.
Eine weitere Frage ist, ob und wie Sie sich bei einer der US- Sicherheitsinitiativen beteiligen. Hierzu gehören etwa: C-TPAT -Registrierung und Importer Self-Assessment (ISA). Bitte sprechen Sie uns an, welche hiervon für Sie zulässig sind und in Frage kommen. Dies kann die umfassenden Hürden für die Einfuhr in die USA, die evtl. WTO-widrig sind (z. B. 100% Scanning), etwas mildern.
Vor allem bei möglichen Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen US- Exportrecht sollten Sie sehr rasch einen Exportanwalt einschalten, damit er Ihnen Empfehlungen geben kann, welche Schritte Sie unternehmen sollten, um Ihr hohes Sanktionsrisiko weitgehend zu mindern. Hier empfiehlt sich vor allem eine freiwillige Selbstanzeige – im Unterschied zum deutsch-europäischen Recht ist die Voluntary Self-Disclosureexplizit in den USA geregelt. Sie kann zu einer erheblichen Reduktion der Sanktionen führen (mindestens zu einer Halbierung der Sanktionen, evtl. auch nur zu einer Verwarnung etc.), ist jedoch nur zulässig, wenn Sie sehr rasch handeln, bevor die zuständige US-Behörde mit ihren Untersuchungen gegen Sie bereits begonnen hat.
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