Antiboykottrecht:
Vgl. BAFA-Merkblätter: Die neue Dual-Use-VO (VO 2021/821), August 2021; Merkblatt zum Art.5 der neuen EU-Dual-Use-VO, August 2021
Zur Neufassung der Dual-Use-VO vgl. unsere Beiträge in: AW-Prax 5/2021, sowie ca. in 09/2021 (folgt demnächst); sowie unseren Beitrag in Export-Manager 01/2021.
Zu früheren Änderungen der Dual-Use-VO vgl. unsere Beiträge in AW-Prax 3/2017 und in ExportManager 01/2017 und 02/2017. Zum Technologietransfer vgl. unsere Beiträge in AW-Prax 10/2014 und AW-Prax 02/2016
Die wichtigen Rechtsvorschriften zum Exportrecht der EU und Deutschlands finden sich in der Dual-Use-Verordnung der EU (nachfolgend: DUV). Denn unter Dual-Use Gütern versteht man sämtliche Wirtschaftsgüter außer Waffen/Rüstungsgüter (Letztere sind nur national geregelt); hierbei sind „Güter“: Waren, Software und Technologie. Diese Regelungen werden ergänzt durch die nationalen Regelungen v. a. in der AWV:
Die wichtigen Rechtsregeln sind die folgenden:
Spezielle Regelungen bestehen für den Technologietransfer: Während der verkörperte Transfer den Regelungen über den Güterverkehr folgt, sind für den nicht verkörperten Transfer (= Technische Unterstützung) Art.8 DUV und die §§ 49 ff AWV anzuwenden.
Vgl. auch die speziellen Regelungen für:
Genehmigungen: Wenn eine Genehmigung des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) erforderlich ist, kann dies in Form einer Einzelgenehmigung oder auch einer Allgemeingenehmigung geschehen. Es gibt derzeit acht EU-Allgemeingenehmigungen. Zusätzlich gibt es zahlreiche deutsche Allgemeingenehmigungen, die vom BAFA veröffentlicht werden. Hierbei sind die Nebenbestimmungen der Allgemeingenehmigungen besonders zu beachten; in der Regel ist hierfür erforderlich: vorherige Registrierung, richtiger Eintrag in Feld 44, sowie halbjährliche Meldungen. Sofern dies nicht beachtet wird, liegt in der Regel eine ungenehmigte Ausfuhr vor.
Straftaten/Ordnungswidrigkeiten: Nach dem AWG a. F. war die ungenehmigte Ausfuhr nur dann eine Straftat, wenn sie Rüstungsgüter betraf – bei Dual-Use Gütern wurde sie erst dann zur Straftat, wenn das Auswärtige Amt bescheinigte, dass eine erhebliche Störung der auswärtigen Belange Deutschlands vorlag (sonst blieb es eine Ordnungswidrigkeit). Seit der Neufassung des AWG (2013) ist dies anders: Jede ungenehmigte Ausfuhr, Verbringung, Vermittlung, technische Unterstützung etc. ist eine Straftat, wenn sie vorsätzlich begangen wird (§ 18 Abs.2 und Abs.5 AWG: Geld- oder Freiheitsstrafe). Der fahrlässige Verstoß ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbußen bis 500.000 EUR sanktioniert werden kann (§ 19 AWG). Bei der Bundestags-Anhörung 2012 haben wir hierzu geltend gemacht: Dies sei eine ungerechtfertigte Kriminalisierung, zumal auch die Abgrenzung zwischen bedingt vorsätzlich und grob fahrlässig sehr schwierig ist. Deswegen müssten zur Entlastung der Exportwirtschaft noch Vorschriften über eine freiwillige Selbstanzeige eingefügt werden; daraufhin haben wir Anfang 2013 eine Regelung vorgeschlagen, die mit wenigen Änderungen nachträglich ins AWG eingefügt wurde: die neue Regelung des § 22 Abs.4 AWG. Sonstige Verstöße: Während Verstöße gegen Embargo-Regelungen praktisch immer Straftaten darstellen (vgl. § 17 AWG), sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften in aller Regel Ordnungswidrigkeiten (§ 19 Abs.2 bis Abs.5 AWG, §§ 81, 82 AWV). Das AWG kennt nun zwei Arten der freiwilligen Selbstanzeige: die gesetzliche geregelte mit der Folge der Straflosigkeit (§ 22 Abs.4 AWG) sowie die nicht explizit geregelte mit der Folge der Strafmilderung.
Hersteller, Händler, Dienstleister: Nicht nur Hersteller dieser Güter sind von diesen Exportregelungen betroffen, sondern auch die Händler bzgl. dieser Güter. Zunehmend sind auch alle Dienstleister betroffen:
Nicht nur Exporteure müssen prüfen, ob die zentralen exportrechtlichen Handlungspflichten eingehalten werden, sondern zunehmend wird dies auch von Spediteuren verlangt. Der neueste Trend geht dahin, dass auch Banken bei Export-Finanzierungen prüfen sollen, ob diese möglicherweise eine Proliferations- Aktivität (also eine Aktivität bzgl. ABC-Waffen) betreffen könnte – dann haben die Banken ähnliche Handlungspflichten wie die Exporteure (vgl. EU Dok. 17172/08). Offen ist, was das genau bedeutet – sicher ist aber, dass Banken immer stärker in das Exportrecht eingebunden werden. Die Frage ist, ob auch alle Dienstleistungen (wie etwa das Offhsore Outsourcing) exportrechtlichen Genehmigungspflichten unterfallen; der Umstand, dass auch das Bereitstellen eines Intranets eine „Ausfuhr“ darstellt (vgl. Art.2 DUV) und somit eine exportrechtliche Genehmigung verlangen kann, spricht dafür. Dies ist gerade beim Cloud Computing zu beachten.
EU Recht für Rüstungsgüter: Neu ist auch, dass für den Transfer von Rüstungsgütern zunehmend das EU-Recht zu beachten ist. Die Richtlinie 2009/43 zum Intra-EU- Transfer von Rüstungsgütern (zur „innergemeinschaftlichen Verbringung von Verteidigungsgütern“) trat zum 30.06.2009 in Kraft. Nach dieser Richtlinie verbleibt es bei der Genehmigungspflicht für die Verbringung von Rüstungsgütern (vgl. § 11 Abs.1 AWV), aber es sollen nationale Allgemeingenehmigungen veröffentlicht werden, um diese Verbringungen zu erleichtern, nämlich vor allem für folgende Fälle: Empfänger gehört zu Streitkräften, Empfänger ist ein zertifiziertes Unternehmen (vgl. hierzu jetzt die AG 27 Deutschlands), oder Güter werden zu Zwecken von Vorführungen/Ausstellungen bzw. von Wartungen/Reparaturen verbracht (vgl. Art. 5). Für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Drittstaaten ist der Gemeinsame Standpunkt 2008/944 zu beachten, der weitgehend die Grundsätze des EU-Verhaltenskodexes von 1998 wiederholt und diese mehr oder weniger den Mitgliedstaaten rechtlich vor-schreibt. Danach wird eine Ausfuhrgenehmigung für Rüstungsgüter (vgl. § 8 Abs.1 AWV) vor allem dann verweigert, wenn im Endverwendungsland Repression droht (vgl. Kriterium 2); u. E. kann dies nur dann gelten, wenn es sich um ein eindeutiges Repressionsgut für ein eindeutiges Repressionsland handelt.
Außenhandelsrecht: Die wichtigsten Regelungen für die zivilrechtliche Ausgestaltung von Exportverträgen lassen sich entweder dem BGB oder dem UN-Kaufrecht (CISG) entnehmen. Nach unserer Erfahrung empfiehlt es sich häufig, eher das CISG zugrunde zu legen. Die Frage, wer welches Haftungsrisiko trägt, wird am besten durch die Verwendung der Incoterms geregelt. Die wichtigste Regelung für Akkreditive sind die UCP 600 der ICC (hier nicht abgedruckt).
Zu Strafsanktionen: In keinem Rechtsgebiet des deutsch-europäischen Wirtschaftsrechts (außer im Kartellrecht) sind die Sanktionen bei Verstößen so hoch wie im Exportrecht: Der vorsätzliche Verstoß gegen Embargos oder gegen Sanktionslisten führt zwingend zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten. Jeder Exportverstoß kann zu Geldbußen bis 500.000 EUR (oder zur Freiheitsstrafe) führen. Hinzu kann der Entzug Ihrer Verfahrenserleichterungen kommen aufgrund von Zweifeln an Ihrer exportrechtlichen Zuverlässigkeit – dies kann die Export-Möglichkeiten Ihres Unternehmens drastisch reduzieren. Die Sanktionen richten sich bei Straftaten gegen den Ausfuhrverantwortlichen und den Exportleiter (und evtl. gegen den handelnden Export-Sachbearbeiter), bei Ordnungswidrigkeiten in der Regel gegen die Gesellschaft.
Bei freiwilligen Selbstanzeigen haben wir die Erfahrung gemacht, dass erhebliche Strafmilderungen im Rahmen der außergerichtlichen Beilegung möglich sind, bzw. unter den Voraussetzungen des § 22 Abs.4 AWG die Strafbefreiung. Gegenwärtig vertreten wir pro Monat etwa 3 bis 4 freiwillige Selbstanzeigen von Unternehmen in der EU oder den USA (dies zeigt, wie aufwändig und risikoreich die Compliance der Exportkontrolle ist!). In allen Fällen ist es uns gelungen, eine rasche außergerichtliche Beilegung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Zahlung einer angemessenen Geldauflage bzw. (in den Fällen des § 22 Abs.4 AWG) die Straflosigkeit zu erreichen.
Sichere internationale Lieferkette: Sie können auch nach deutschem Strafrecht bestraft werden, wenn Ihr Tochterunternehmen, Ihr Handelsvertreter oder Ihr Direktkunde ohne Ihre Kenntnis Ihre Güter in ein Embargoland oder an eine Person, die auf einer Sanktionsliste gelistet ist, weiterliefert. Dass Sie davon keine Kenntnis haben, ist für das deutsche Strafrecht egal, solange Sie dieses durch eine straffe Organisation hätten möglicherweise verhindern können. Viele unserer Mandanten haben sich des-halb dazu entschlossen, mit ihren ausländischen Töchtern/ Handelsvertretern/Direktkunden und mit einigen ihrer Stammkunden Verträge abzuschließen, um das Risiko einer sensitiven Weiterleitung weitgehend von ihnen abzuwenden. Damit diese Risikominimierung strafrechtlich greifen kann, müssen solche Verträge allerdings sehr effektiv gestaltet sein und einzelne Vorschriften sollten u. U. auch überwacht werden.
Wenn Sie Fragen dazu haben, wie Sie Ihre Risiken minimieren können, sprechen Sie uns bitte an.
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